Melasse – braunes Gold oder Teufelszeug?
Oft wird heute Melasse im Pferdefutter als die Ursache allen Übels dargestellt – und dank Internet resp. viraler Verbreitung glauben dies auch immer mehr Reiter/innen. Melasse ist in Wirklichkeit aber eine wertvolle Nahrungsergänzung und besser als ihr Ruf.
Zuckerrübenmelasse ist ein Nebenprodukt aus der Schweizer Zuckerproduktion. Durch Waschen, Zerkleinern und Entsaften gewinnt man aus der Rübe einen Rohsaft, der über mehrere Stufen gereinigt wird, bis schliesslich reiner Kristallzucker übrig bleibt. Die im Laufe dieses Prozesses abgeschiedenen Nebenprodukte enthalten in Wahrheit also alles, was reiner Zucker nicht enthält – und das ist viel. So viel, dass es vielerorts als «braunes Gold» bezeichnet und früher oft als wertvolle Nahrungsergänzung für Menschen verkauft wurde.
Melasse – reich an wertvollen Mineralien und Invertzucker
Neben rund 8 % Rohprotein aus nicht eiweissartigen Stickstoffverbindungen (Amiden) und vielen B-Vitaminen enthält Melasse hohe Magnesium-, Kalium- und Natriumgehalte. Kalium und Natrium sind eng verknüpft mit dem Wasserhaushalt des Körpers. Als Elektrolyte werden sie zur Aufrechterhaltung des osmotischen Druckes im Körpergewebe und im Säure-Basen-Haushalt benötigt. Dies ist v.a. von grosser Bedeutung, wenn das Pferd schwitzt und der Elektrolytverlust dadurch ansteigt.
Hervorzuheben ist auch der positive Gehalt am Spurenelement Chrom. Chrom wirkt als Glukosetoleranzfaktor der Insulintoleranz entgegen und ein Mangel an Chrom wird im Zusammenhang mit der Entstehung von Diabetes und anderen Stoffwechselstörungen diskutiert. Weil Chrom zudem einen positiven Einfluss auf den Energiestoffwechsel und bei nervlicher Belastung hat, nehmen vielerorts auch viele Sportler Chrompräparate als Nahrungsergänzer zu sich.
Als Nebenprodukt aus der Zuckerproduktion enthält Melasse auch rund 42 % Restzucker in Form von Invertzucker (wie Honig). Dieser Zucker wird rasch im vorderen Bereich des Dünndarms resorbiert und liefert v.a. die Energie für den Gehirn- und Nervenstoffwechsel.
Der Zucker aus Melasse im Pferdefutter dient neben der Funktion als biologische Konservierung auch der Anregung des Appetits, sprich der Schmackhaftigkeit des Futters. Zudem hilft Melasse beim Pelletieren des Futters und sie bindet Feinpartikel (z. B. Mineralien), verhindert also das Stauben.
Angst vor Zucker?
Bleibt nun nach obiger Aufzählung aller positiver Eigenschaften doch noch die grosse Angst vor der grossen Zuckeranflutung durch Melasse im Futter?
Gemäss Agroscope kann im Mischfutter für Pferde bis zu 6 % Melasse ohne Bedenken eingesetzt werden. FORS Pferde-Ergänzungsfutter enthalten demgegenüber lediglich knapp 2 % Melasse – was einem daraus resultierenden Zuckergehalt von weniger als 1 % resp. 10 g/kg entspricht. Bei einer täglichen Zufütterung von z. B. 4 kg FORS Pferde-Combi erhält das Pferd folglich ca. 40 g Zucker aus der Melasse plus ca. 100 g aus dem Getreide. Wird die Ration mit 10 kg «Pferdeheu» mit einem Gehalt von rund 60 g/kg Zucker ergänzt ergibt dies eine zusätzliche Gabe von ca. 600 g Zucker. Somit beträgt der Zuckeranteil aus der Melasse also rund 5 % der Gesamtzuckerration.
Fazit
Die positiven Eigenschaften der Melasse wiegen weit gewichtiger als die eventuelle «Zuckerlast» aus dieser. Zudem sind weltweit glücklicherweise nur sehr wenige Pferde von einer Melasseunverträglichkeit betroffen. Die v.a. in Internetforen geschürte Angst vor Melasse im Pferdeergänzungsfutter ist also völlig unbegründet; Melasse ist weit besser als ihr Ruf und ein wertvoller Rohstoff – zudem ist es ein günstiges Nebenprodukt aus Schweizer Agrarproduktion und entsprechend zu würdigen.