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Kannibalismus und Zehenpicken – den Ursachen auf der Spur

In einer grossen Feldstudie in Deutschland wurde während den vergangenen fünf Jahren in 120 Legeherden (Bodenhaltung, Freiland, Biohaltung, alles Tiere mit intakten Schnäbeln) die Einflussfaktoren auf die Untugenden Zehenpicken und Kannibalismus untersucht. Die wesentlichen Erkenntnisse sind in diesem Bericht dargestellt.

 

Vorweggenommen werden kann, dass die Einflussfaktoren dieser multifaktoriellen Verhaltensstörung komplex sind und die Problemlösung oft nur durch verschiedene Massnahmen zu erreichen ist.

Einen signifikanten Einfluss auf das Auftreten von Federpicken und/oder Zehenverletzungen hatten folgende Faktoren:

  • Junghennenqualität
  • Futterzusammensetzung
  • Futterstruktur
  • Beschäftigung
  • Stallklima
  • Rasse/Hybridtyp

 

JUNGHENNENQUALITÄT

Aus den Merkmalen Uniformität, Tiergewicht und Gefieder/Hautzustand wurde eine Qualitätskennzahl für die jeweilige Junghennenherde gebildet (hohe, mittlere und mangelhafte Junghennen-Qualität). Je besser die Junghennen eingestuft waren, desto weniger Gefieder- und Hautschäden zeigten sich in der Legehennenherde zur Legespitze und im zwölften Legemonat. Ein Tiergewicht unter der Sollvorgabe der Aufzuchtorganisation und eine schlechte Uniformität sind bedeutende Risikofaktoren für Federpicken. Zudem wiesen Tiere, die in der Aufzucht bereits Federpicken hatten, diese Störung auch während des Legeumtriebes auf. Mit einer Verzögerung der Legestimulation durch Futter- und Lichtprogramm kann jedoch noch einiges korrigiert werden.

 

FUTTER: STRUKTUR UND ZUSAMMENSETZUNG

Die Struktur des Futters ist von zentraler Bedeutung: Durch unsere spezielle Walzenstuhlvermahlung entstehen weder zu hohe Grob- noch zu hohe Feinanteile der Getreidekomponenten. Dadurch ergibt sich eine homogene Mischfutterstruktur, möglichst griffig und ohne zu hohen Grobanteil.

In der Feldstudie konnte dargestellt werden, dass Betriebe mit zu grober Futterstruktur und ungenügendem Feinanteil viel öfter mit Kannibalismus und Zehenpicken zu kämpfen hatten als Betriebe mit homogener, griffiger Struktur.

Auch ein genügend hoher Rohfaseranteil ist von zentraler Bedeutung. Bei der Beschaffung unserer Rohstoffe legen wir ein besonderes Augenmerk auf die Rohfaserträger und deren Eignung für die Geflügelfütterung. Daneben müssen die Gehalte der Aminosäuren, der Mineralstoffe und Vitamine dem jeweiligen Alter, der Leistung und den Sollvorgaben der Zuchtorganisation genau entsprechen und von Lieferung zu Lieferung möglichst geringe Schwankungen aufweisen. Unsere modernen Mischfutterwerke in Burgdorf und Weinfelden garantieren diese Anforderungen.

 

Tipps:

  • Überprüfen der Futterstruktur mit Siebanalysen
  • Täglich mindestens eine Blockfütterung und einmal leer fressen der Tröge
  • Hohe Kettengeschwindigkeit
  • Futterkette bei jeder Fütterung länger als für einen Umlauf laufen lassen
  • Futtersilos auch während des Umtriebes regelmässig leer laufen lassen

 

BESCHÄFTIGUNG

Da es sich bei Federpicken um ein fehlgeleitetes Futtersuchund Explorationsverhalten handelt, ist die Beigabe von Beschäftigungsmaterial von zentraler Bedeutung. Pro Herde wurden durchschnittlich 3,5 verschiedene Materialien angeboten. Je mehr Produkte angeboten wurden, desto kleiner waren die Gefiederschäden zur Legespitze.

Tipps:

  • Rohfaserprodukte wie Luzerne, Stroh, Heu, zusätzliche Einstreu einsetzen
  • Komfortverhalten: Sandbäder einrichten, FORS 7888.00 Kombigrit oder FORS 8049.00 Quarzgrit streuen
  • Picksteine (FORS 2280.00 Pickschale) zur Förderung des Schnabelabriebes einsetzen

 

STALLKLIMA

Ställe mit erhöhter Schadgaskonzentration waren bereits zur Legespitze mit mehr Gefiederschäden konfrontiert als Betriebe mit normalen Schadgasgehalten. Damit gilt eine erhöhte Schadgaskonzentration (> 20 ppm Ammoniak, > 3’000 ppm Kohlenstoffdioxid) als Risikofaktor für das Auftreten von Federpicken. Weiter wurde festgestellt, dass akute Probleme mit (Kloaken-)Kannibalismus im Zusammenhang mit fehlenden oder defekten Nestvorhängen standen. Der helle Nestinnenbereich erhöhte das Risiko des Pickens an der Kloake signifikant.

 

RASSE/HYBRIDTYP

Zehenpicken war bei weissen Hybriden deutlich häufiger vertreten als bei braunen Legehennen. Die braunen Tiere wiesen jedoch im Verlauf der Legeperiode früher Gefiederschäden auf. Die gemeinsame Haltung von weissen und braunen Tieren ist ein Risikofaktor für vermehrte Gefiederschäden.

Autor: Christoph Reinhard (Quelle: DGS Magazin 40/2020, Seiten 20−23)

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