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Ein altbekannter und unbeliebter Gast im Absetzstall – die Ödemkrankheit

In vielen Betrieben ist die Ödemkrankheit jahrelang nicht mehr aufgetaucht. Die Anfragen zu plötzlichen Todesfällen bei Absetzferkeln haben gemäss dem SGD in der letzten Zeit wieder zugenommen. Da die Krankheit in vielen Fällen tödlich verläuft, sind grosse wirtschaftliche Verluste die Folge. Aus diesem Grund ist eine umfangreiche Prophylaxe besonders wichtig.

SYMPTOME SIND ZU BEGINN UNSPEKTAKULÄR

Die Besonderheit bei der Ödemkrankheit sind die unspezifischen Symptome zu Beginn der Erkrankung. Das erste Anzeichen ist die schlechte Futteraufnahme der betroffenen Tiere. Anschliessend treten die typischen Symptome wie Schwellungen der Augenlider oder des Nasenrückens und ein schwankender Gang auf. Eine Veränderung der Laute deutet ebenfalls auf die Ödemkrankheit hin. Die Schreie der Absetzferkel klingen entweder schrill oder heiser. Können die Ferkel nicht mehr gehen, liegen sie meistens in Seitenlage, zucken unkoordiniert oder zeigen die typischen Ruderbewegungen.

 

TOXINE VON COLI-BAKTERIEN ALS VERURSACHER

Das Bakterium Escherichia coli kennt jeder Schweinehalter. Es kommt praktisch in jedem Schweinestall vor. Für die Ödemkrankheit ist ein spezifischer E.-coli-Stamm verantwortlich. Typisch für diesen Stamm sind seine Anheftungsorgane. Dies sind haarähnliche Fäden, sogenannte Fimbrien, mit welchen sich die Bakterien an die Oberfläche des Dünndarms heften. Die Coli-Bakterien, welche die Ödemkrankheit auslösen, haben F18-Fimbrien. Eine weitere Besonderheit ist das freigesetzte Toxin. Viele Bakterien produzieren Gifte, um ihrem Wirt zu schaden. Auslöser für die Ödemkrankheit ist das sogenannte Shigatoxin. Dieses Toxin schädigt die Blutgefässe. Durch die austretende Flüssigkeit bilden sich im Gewebe die Ödeme. Im nachfolgenden Schema sind der Ablauf der Ansteckung und die spezifischen Besonderheiten des verursachenden E.-coli-Stammes dargestellt.

 

HAUPTBETROFFENE: ABSETZFERKEL

Die Ferkel nehmen die Coli-Bakterien über das Maul auf. Meistens passiert dies schon während der Säugezeit. Da aber zu diesem Zeitpunkt noch wenige Bakterien vorhanden sind, ist auch die Menge an Toxinen tief und sie macht deshalb noch nicht krank. Erst wenn sich die Bakterien massiv vermehren, wird so viel Shigatoxin produziert, dass die Gefässe zerstört und dadurch die Tiere krank werden.

Die Vermehrung der Bakterien wird durch das Absetzen begünstigt. Aus diesem Grund tritt die Ödemkrankheit fast ausschliesslich bei Absetzferkeln auf. Dabei sind vor allem jüngere Tiere bis circa zwei Wochen nach dem Absetzen betroffen. Durch Futterumstellungen verändert sich die Darmflora. Ist diese nicht im Gleichgewicht, können sich die Coli-Bakterien vermehren und nehmen überhand.

 

PROPHYLAXE UNUMGÄNGLICH

Treten die ersten Symptome und Todesfälle in einem Bestand auf, ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Tiere ohne Krankheitsanzeichen müssen unverzüglich behandelt werden. Absetzferkel, welche bereits symptomatisch sind, können meistens nicht mehr gerettet werden. Aus diesem Grund sind prophylaktische Massnahmen besonders wichtig, damit die Verluste auf ein Minimum reduziert werden können.

Ein wichtiger Punkt ist es, den Stress während der Absetzphase so tief wie möglich zu halten. Dabei spielen die Gruppengrösse und die Anzahl Fressplätze eine zentrale Rolle. Zudem muss das Klima im Jagerstall unbedingt beachtet werden. Die Differenz zwischen den Temperaturen im Abferkelstall und den Bedingungen im Jagerstall darf nicht zu gross sein. Ansonsten sind die Ferkel durch die Umstellung zu gestresst. Im Gegensatz zu den vielen Punkten, welche beim Absetzen nicht beeinflusst werden können (Mutter und Milch weg, anderer Stall, neue Buchtengenossen etc.), kann das Klima im Stall gesteuert werden. Diesbezüglich ist es vor allem entscheidend, dass in den Liegekisten genügend Platz und Wärme vorhanden sind.

 

RESISTENTE ELTERNTIERE VERMINDERN RISIKO

Ein bereits bekanntes Thema im Zusammenhang mit der Ödemkrankheit ist die Zucht. Damit sich die Anheftungsorgane der Coli-Bakterien, die F18-Fimbrien, an der Darmwand anheften können, braucht es auch die passenden Andockungsstellen, sogenannte Rezeptoren. Hat ein Schwein keine der passenden Rezeptoren, ist es resistent gegen die Ödemkrankheit. Diese Eigenschaft kann in der Zucht berücksichtigt werden. Im Zuchtprogramm der SUISAG wird der Coli-F18- Resistenz seit vielen Jahren eine grosse Bedeutung beigemessen. Gemäss der SUISAG sind aktuell (Stand Januar 2022) von den Mutterlinien Edelschwein und Landrasse sowie von der Vaterlinie PREMO sämtliche KB-Eber reinerbig resistent. Bei der Rasse Piétrain sind dies gut 75 Prozent der KB-Eber, bei Duroc rund 53 Prozent. Werden auf einem Ferkelaufzuchtbetrieb reinerbig resistente Eber eingesetzt, kann die Wahrscheinlichkeit, dass die Ödemkrankheit auftritt, wesentlich reduziert werden. Betroffene Betriebe sollten dieses Kriterium bei der Auswahl der KB-Eber folglich unbedingt beachten.

 

FÜTTERUNGSKONZEPT VON GROSSER BEDEUTUNG

Grossen Einfluss auf das Auftreten der Ödemkrankheit hat auch das Fütterungskonzept. Eine abrupte Futterumstellung sowie eine nicht angepasste Futterzusammensetzung fördern die Vermehrung der Coli-Bakterien. Aus diesem Grund muss in der Ferkelaufzucht von der Anfütterung bis zum Verkauf der Jager eine passende Fütterungsstrategie umgesetzt werden. Mit dem FORS-Ferkelfutterkonzept Harmonie berücksichtigen wir die entscheidenden Punkte zur Förderung einer optimalen Darmgesundheit. Dieses Konzept beinhaltet einerseits sehr schmackhafte und bekömmliche Starterfutter, welche während der Säugezeit zum Anfüttern der Ferkel eingesetzt werden. Andererseits wird mit dem Absetzfutter Top Start Security der heiklen Übergangsphase besonders Beachtung geschenkt. Gerne stehen Ihnen unsere FORS-Berater bei der Umsetzung des Konzepts Harmonie zur Seite.

Wir wünschen viel Erfolg in der Ferkelaufzucht und immer Glück im Stall!

 

Autor: Ursula Zehnder

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